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Die Automobilindustrie ist eine der am schnellsten wachsenden Branchen der Welt und eine der wettbewerbsintensivsten. Neben Innovationen wie autonomen Autos und Elektrofahrzeugen sucht die Branche aktiv nach Wegen, um mit den aktuellen Trends und Markterwartungen Schritt zu halten. Es überrascht nicht, dass Fahrzeughersteller auf der ganzen Welt die Virtual-Reality-Technologie für sich entdeckt haben und von ihr profitieren. Ein besonderer Bereich, in dem VR in der Automobilbranche auf Interesse stößt, ist die Ausbildung.

Die Fahrzeugproduktion besteht aus mehreren Prozessen, an denen Spezialisten mit unterschiedlichen Kompetenzen beteiligt sind. Autos müssen effizient produziert werden, aber auch den höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen, sonst riskiert die Marke ernsthafte rechtliche Konsequenzen und gefährdet ihren Ruf. Industrielle Metaverse-Technologien, allen voran die virtuelle Realität, bieten der Automobilindustrie eine Reihe von Lösungen, die von den Herstellern gerne angenommen werden. Einem Bericht von Fortune Business Insights zufolge wird der globale Markt für VR in der Automobilindustrie jährlich um 45 Prozent wachsen und bis 2027 mehr als 14 Milliarden Dollar erreichen.

Das Wachstum in diesem Segment wird durch die umweltfreundliche Umgestaltung des Transport- und Automobilsektors vorangetrieben. Schon bald werden die Automobilhersteller verpflichtet sein, alternative Kraftstoffe wie Strom und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge einzusetzen. Die Hersteller stehen auch vor der Herausforderung, leistungsfähigere und effizientere Batterien zu entwickeln. Dies bedeutet eine Veränderung der Art und Weise, wie Autos produziert werden, und damit auch eine Veränderung der Kompetenz der Produktionsteams, der Art und Weise, wie sie ihre Arbeit und Verantwortung sehen. Es besteht also ein wachsender Bedarf an Arbeitskräften, die auf die Herstellung von Autoteilen, einschließlich Motoren und Batterien für Elektroautos, spezialisiert sind. Die Automobilindustrie leidet, wie andere Branchen auch, unter einem gravierenden Fachkräftemangel. Die Herausforderung besteht darin, die richtigen Leute für den Job zu gewinnen, sie einzustellen, sie richtig auszubilden und gleichzeitig sicherzustellen, dass sie so lange wie möglich im Unternehmen bleiben.

Rekrutierung, Onboarding, Schulung und Wissenstransfer sind allesamt Prozesse, mit denen Sie eine großartige (oder nicht so großartige) Erfahrung für Ihre Mitarbeiter schaffen können, die für ihren Erfolg und den des Unternehmens entscheidend ist. Der Einsatz der VR-Technologie trägt zweifelsohne dazu bei. Vor diesem Hintergrund wurde Aidar gegründet, ein Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Virtual-Reality-/Augmented-Reality-Software für den Wissenstransfer und Fernoperationen in der Industrie spezialisiert hat. Die Gründer des Unternehmens, Przemyslaw Maliszewski und Marek Carbon, sehen ein wachsendes Interesse an dieser Lösung in der Automobilindustrie.

“Wir betrachten den Ausbildungsprozess unter dem Gesichtspunkt, dass Unternehmen eine Wissensbasis aufbauen können, die innerhalb der Organisation entwickelt und übertragen werden kann. Der gemeinsame Nenner unserer Lösungen sind die Menschen, denn unser Schwerpunkt liegt nicht darauf, ihre Kompetenzen in die “Hände” eines Roboters zu übertragen, sondern darauf, das Profil von Fachkenntnissen zu schärfen und sicherzustellen, dass sie nicht fehlen. In der gemischten Realität bilden Menschen Menschen aus.” (Przemysław Maliszewski, CEO, und co-Gründer von Aidar sp. z o.o.,).

Der Zweck der Ausbildung in einer virtuellen Umgebung besteht darin, die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, Aufgaben unter den Bedingungen einer begrenzten Verfügbarkeit von Ressourcen auszuführen, d. h. einer erheblichen Entfernung zwischen dem Experten und dem Unternehmen oder einer Kompetenzlücke, deren Überbrückung einen komplizierten und zeitaufwändigen Prozess erfordern würde. Auf der einen Seite gibt es Spezialisten, die ein breites Publikum erreichen, ohne dass wiederholte, zeitaufwändige Schulungssitzungen erforderlich sind. Auf der anderen Seite handelt es sich um Mitarbeiter, die die Chance haben, im Expressverfahren wertvolle Kenntnisse über oft sehr komplexe Prozesse zu erlangen. Virtuelle Simulationen bieten Automobilherstellern und -zulieferern eine Reihe von Vorteilen: Sie senken die Forschungs- und Entwicklungskosten, optimieren die Produktion und eröffnen neue Möglichkeiten für Marketing- und Verkaufsstrategien, indem sie virtuelle Fahrzeugmodelle oder Ausstellungsräume erstellen. Die Rolle der VR bei der Minimierung von Fahrrisiken durch den Einsatz von Prototypen und Testfahrten in einer virtuellen Umgebung kann ebenfalls nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es gibt zwar noch viel Spielraum für die Einführung und Integration von VR in der Automobilindustrie, doch scheinen Lernen und Schulung hier jetzt der Schlüssel zu sein.

Eine virtuelle Fertigungsstraße

Die meisten Automobilhersteller verfolgen bei der Ausbildung einen Standardansatz. Ihre Mitarbeiter erhalten zunächst eine theoretische Ausbildung und üben dann unter Aufsicht die Arbeit mit realen Betriebsmitteln und Materialien, wobei die Arbeitnehmer in der Praxisphase unter großem Stress stehen und natürlich auch Fehler machen. Einige von ihnen können für Menschen schädlich sein oder zu Schäden an Geräten führen. Bei der VR-Ausbildung taucht der Auszubildende in einen dreidimensionalen Raum ein, der eine reale Arbeitsumgebung simuliert. So kann der Auszubildende von Anfang an in einem sicheren Umfeld üben. Fehler schaden nicht, sodass sich der Auszubildende sicher fühlt und die Schritte so oft wie nötig wiederholen kann, um Perfektion zu erreichen.

Fahrzeugmontage: Volkswagen, Ford und Mercedes

In der traditionellen Montageausbildung in der Automobilindustrie sind die Fließbandarbeiter nicht, in der Lage die Schritte zu meistern. Die Lernenden brauchen einen anderen, praxisorientierten Ansatz, und hier kommt die VR-Schulung ins Spiel.

Ein kontrolliertes und sicheres Lernumfeld erhöht die Effektivität der Ausbildung und verringert letztlich die Zahl der Arbeitsunfälle. Das Ausbildungsprogramm von BMW wird seit Jahren durch ein virtuelles Fließband unterstützt, an dem die Teilnehmer die korrekte Ausführung ihrer Aufgaben üben können. Daten aus Virtual-Reality-Schulungen, die Ford zur Verfügung gestellt hat, belegen, dass der Hersteller dadurch seinen Fertigungsprozess verbessert und Verletzungen am Fließband um 70 Prozent reduziert hat.

Ford hat ein virtuelles Labor eingerichtet, das es seinen Ingenieuren und Designern ermöglicht, in Echtzeit zusammenzuarbeiten, auch wenn sie sich in verschiedenen Ländern befinden. Das Unternehmen hat auch FIVE (Ford’s Immersive Vehicle Environment) entwickelt, das mithilfe von Markern zur Bewegungserfassung und Sensoren die Interaktion von Nutzern und Fahrern mit dem Fahrzeug erfasst.

Der Volkswagen Konzern hingegen setzt auf VR-Training, um seine Mitarbeiter zu schulen und ihre Konzentration und Motivation zu unterstützen. Die Studierenden tauchen in eine virtuelle Umgebung ein, die einem realen Logistikzentrum nachempfunden ist. Das Programm gibt Anleitungen, mit welchen Objekten man interagieren kann und wie man es richtig macht. Das VR-Training wurde mit ansteigenden Schwierigkeitsgraden entwickelt, sodass die Mitarbeiter die Stufen so oft wiederholen können, wie sie wollen, und zwar in ihrem eigenen Tempo, bis sie optimale Ergebnisse erzielen. Das Montagetraining von Volkswagen umfasst mehr als 30 verschiedene Aufgaben, wie zum Beispiel den Einbau einer Tür oder einer Bremse innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. Neben der Produktionsschulung gibt es auch einen Kurs zur Kundenbetreuung und zur Einführung neuer Mitarbeiter in der VR. Während der Schulungen steht ein Betreuer zur Verfügung, der die Fortschritte beobachtet und Ratschläge und Tipps zur Verbesserung gibt. Das Training kann aufgezeichnet werden, um seine Qualität zu verbessern und seinem Lerntempo und seinen Bedürfnissen besser zu entsprechen. Volkswagen nutzt die Skalierbarkeit der Ausbildung und schafft mithilfe der virtuellen Realität ein effektiveres Umfeld für den Wissenstransfer.

VR-Anwendungen werden überall im Volkswagen Konzern eingesetzt und bringen dem Unternehmen großen Nutzen. Vor allem in den frühen Phasen der Fahrzeugentwicklung machen sie den Bau vieler physischer Prototypen überflüssig. Generell reduzieren die VR-Tools die Ausgaben für Material und Geschäftsreisen und helfen so, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Sie vereinfachen auch die Koordinierungs- und Bewertungsprozesse. In short, they save a lot of time and money.

Das Elektromotoren- und Batteriewerk von Mercedes-Benz in Polen, Jawor – das erste Elektroauto-Motoren- und Batteriewerk des Herstellers in Polen – hat seine Montageausbildung in den digitalen Raum verlegt. Auf der Grundlage detaillierter CAD-Daten wurde der Motor des Fahrzeugs in der virtuellen Realität abgebildet, d. h. es wurde eine originalgetreue digitale Kopie des Motors erstellt – ein sogenannter digitaler Zwilling. Die anschließenden Montageschritte wurden dann in VR abgebildet. Auf diese Weise wurden 110 virtuelle Arbeitsplätze geschaffen, mit deren Hilfe das Unternehmen in der Lage war, eine effektive Schulung der Mitarbeiter durchzuführen, während es gleichzeitig die Maschinen baute und das Team für die neue Fabrik zusammenstellte. Jeder Stufe wurde ein Paket von Lektionen in Form von Übungen zugewiesen, die den Mitarbeitern sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen vermittelten.

Das Automobilunternehmen verfügte über ein eigenes Schulungszentrum mit physischen Arbeitsplätzen, mit Tischen und Werkzeugen, bevor es die VR-Technologie zur Schulung der Mitarbeiter einführte. Um den Mitarbeitern den Übergang von der traditionellen Ausbildung in die virtuelle Welt zu erleichtern, wurden genau dieselben Tische und Werkzeuge in das Zentrum verlegt, sodass sie genau die gleiche Konfiguration wie im wirklichen Leben haben. So sahen die Mitarbeiter nach dem Aufsetzen der VR-Brille ein digitales Abbild der ihnen bekannten Welt.

BMW: Ganzheitliche VR/AR-Ausbildung

BMW setzt bereits seit den 1990er Jahren verschiedene Formen der virtuellen Realität ein, die systematisch ausgebaut und weiterentwickelt werden. Der deutsche Konzern konzentriert sich darauf, immer neue Ausbildungsmöglichkeiten in der VR zu entdecken und hat ein komplettes Ausbildungspaket in dieser Umgebung entwickelt. In den Trainings von BMW wird die Arbeit am Fließband, im Kundenservice oder die Aufgaben eines Sicherheitsmanagers realitätsnah simuliert. Jeder VR-Kurs besteht aus drei verschiedenen Bereichen: Arbeitsplatzplanung, Erwerb von Kenntnissen und Qualifikationen sowie Vergleich von Bauteil- und Konstruktionsdaten. BMW stellt fest, dass die Mitarbeiter dank der immersiven Lernmethoden besser Fortschritte machen als sonst. Das Unternehmen setzt sie täglich ein und schätzt, dass die virtuelle Ausbildung viel weniger Geld und Zeit kostet. (Link)

Peugeot: Den Alltag im Unternehmen kennenlernen

Die PSA-Gruppe, Hersteller der Marke Peugeot, hat eine Schulung entwickelt, die den Mitarbeitern zeigt wie sie ihren Arbeitstag so effizient wie möglich gestalten können. Die Schulung führt die Mitarbeiter in einen virtuellen Raum und trainiert sie dort für einen sicheren, gesunden und produktiven Arbeitstag.

Die Methode wird bereits in fünf Ländern angewandt. Das Training beginnt mit einem Kurs bei einem Physiotherapeuten, in dem der Mitarbeiter das Dehnen lernt. Anschließend werden Aktivitäten gecoacht, die später überprüft werden. Das Training bietet Sprachinteraktion, und die Aktivitäten werden mithilfe von Bildern und Texten vermittelt. Und schließlich geht es auch um Soft Skills, wie die Kommunikation mit Kollegen an einem virtuellen Arbeitsplatz, der Büros und Produktionshallen widerspiegelt. Die PSA-Gruppe verwendet dafür mehr als hundert Headsets. Es wurden mehr als 60 Schulungsvarianten entwickelt, von denen 40.000 Mitarbeiter in fünf Ländern profitieren.

Logistik: Audi und Volkswagen

Audi ist sich bewusst, dass VR-Schulungen viele Vorteile haben können, z. B. dass sie nicht an einen festen Ort oder eine feste Ausrüstung gebunden sind. Es handelt sich dabei um ein ausgeklügeltes Schulungssystem, das von den Mitarbeitern äußerste Gründlichkeit verlangt. Eine gute Ausbildung ist notwendig, um Produktionsfehler zu vermeiden.

Audi schult seine Mitarbeiter mit VR, um möglichst effizient mit dem Logistiksystem zu arbeiten. Der Auszubildende betritt eine virtuelle Version seines Arbeitsplatzes im Logistikzentrum in Ingolstadt. Mit VR-Brillen und Controllern trainieren die Logistiker dan die Tätigkeiten, die sie täglich ausführen. Audi setzt auch VR-Training für Verkäufer ein, die im Gespräch mit Kunden in der VR Kommunikationsfähigkeiten erlernen und Punkte für die richtige Wahl erhalten. Das Programm zählt die Punkte und ermittelt die verbesserungswürdigen Bereiche.

Volkswagen, wo ähnliche Schulungen durchgeführt werden, schätzt den zusätzlichen Vorteil, dass weniger Platz und Ausrüstung für die Logistikschulung der Mitarbeiter benötigt werden.

Die Zukunft des Lernens und der Ausbildung in VR für die Automobilbranche

Die Automobilhersteller, die die Vorteile der Mitarbeiterschulung in VR erkannt haben, setzen die virtuelle Realität und ergänzende immersive Technologien nach und nach auch in anderen Prozessen ein. Die Technologie entwickelt sich rasant und wird immer zugänglicher, sodass immer mehr Hersteller die Vorteile dieser Technologie nutzen.

Der digitale Raum ermöglicht es den Menschen, die reale Welt auf unglaublich eindringliche Weise zu erleben, und ist daher in allen Bereichen von unschätzbarem Wert, in denen die Praxis vor Ort erforderlich ist, um Kompetenz und Perfektion zu erreichen. Es liegt also nahe, es für die Ausbildung von Fahrzeugführern zu nutzen, die sich hinter das Steuer setzen und Fahrmanöver üben können, ohne die Risiken einzugehen, die mit der Teilnahme am realen Verkehr verbunden sind.

VR-Simulatoren haben sich zudem seit langem bei der Ausbildung von Piloten bewährt, die in einer sicheren, virtuellen Umgebung Erfahrungen am Steuer von Flugzeugen sammeln. Sie können aus ihren Fehlern lernen, ohne das Leben der Besatzung und der Passagiere zu gefährden oder eine Gefahr für die Umwelt darzustellen. Da die Entwicklung der Technologie zu einer größeren Verfügbarkeit, einer größeren Auswahl an Möglichkeiten und geringeren Kosten geführt hat, wird eine analoge Lösung heute bereits in einigen Fahrschulen eingesetzt. Dort sammeln die Schüler Erfahrungen, üben das motorische Gedächtnis und gewöhnen sich schließlich an ihre neue Rolle als Fahrer und gewinnen das Vertrauen, das kein theoretischer Kurs ersetzen kann.

Die Methode erweist sich als so effektiv, dass in Südkorea, das weltweit führend im Bereich neuer, auch digitaler Technologien ist und zu den wichtigsten Forschungs- und Innovationspartnern der EU gehört, die VR voraussichtlich darüber entscheiden wird, ob Senioren und Menschen mit Behinderungen bis 2025 ihren Führerschein behalten werden. Das höhere Risiko, in der Gruppe der über 65-Jährigen einen Verkehrsunfall zu verursachen, hat die Behörden des Landes dazu veranlasst, die Fahrsimulationstechnik, mit der die kognitiven Funktionen der Testpersonen, wie z. B. ihr Erinnerungsvermögen, getestet werden, in das offizielle System für die Aufnahme und Durchführung von Straßenverkehr einzuführen.

Holger Dümpelmann